Donnerstag, 18. Februar 2010

"Ich versuche den Namen Rossellini zu vermeiden."

Foto: Matt Jones

In ihrem Namen steckt ihre Welt. Elettra Wiedemann lebt aus der geradezu elektrischen Spannung des italienischen Vor- und des deutschen Nachnamens. Und dabei hat sie ihren zweiten Nachnamen noch gar nicht genannt. Elettra Rossellini Wiedemann, 26 Jahre alt, eine strahlende Schönheit, die so viele Werbeverträge auf sich vereint wie kaum ein anderes Model außer Heidi Klum, sagt es gleich zu Beginn mit aller Deutlichkeit: „Ich versuche den Namen Rossellini zu vermeiden. Ich liebe meine Mutter. Aber ich bin jetzt seit sechs Jahren selbst in der Branche.“ Von solchen Vorfahren muss man sich vermutlich distanzieren. Ihre Mutter ist Isabella Rossellini (“Blue Velvet“), ihre Großmutter war Ingrid Bergman (“Casablanca“), ihr Großvater der Regisseur Roberto Rossellini (“Roma, città aperta“), beide starben schon vor ihrer Geburt. „Die Standards in dieser Familie sind ziemlich hoch“, sagt Elettra Wiedemann. Sie selbst zieht daraus den Schluss, alles Mögliche in und aus ihrem Leben zu machen, aber sicherlich nicht, Schauspielerin zu werden: „Das ist ein wirklich schwieriger Beruf, ich wäre sicher schlecht darin.“

In die Fußstapfen der Mutter
Und doch macht sie dort weiter, wo ihre Eltern aufgehört hatten. Isabella Rossellini hatte 1981, als sie noch mit Martin Scorsese verheiratet war, bei Werbeaufnahmen für Calvin Klein mit dem Fotografen Bruce Weber das Model Jonathan Wiedemann kennengelernt. Elettra, geboren am 23. Juli 1983, ist also das Produkt einer Model-Ehe, die allerdings auch nur bis 1986 hielt, als ihre Mutter zu David Lynch weiterzog. Sie musste also Model werden - und erhielt ihren ersten Vertrag für ein Shooting ausgerechnet mit Bruce Weber (für Abercrombie & Fitch). Die Logik der Werbung und die Ironie des Schicksals wollten es sogar, dass sie neben all ihren anderen Verträgen ein Gesicht der Kosmetikmarke Lancôme wurde, also eine Nachfolgerin ihrer Mutter, die in den Neunzigern den Vertrag verlor, weil man sie mit Anfang 40 angeblich für zu alt hielt. Auch diese Erfahrung ihrer Mutter hat sie Vorsicht gelehrt: „Als Model hat man ein kurzes Berufsleben - wie Sportler. Die Mode braucht Jugend, und in ein paar Jahren bin ich nicht mehr jung.“ Man soll aber keine Bitterkeit in die Sätze lesen. Gleich schiebt sie die buddhistische Weisheit nach: „Das Geheimnis des Glücks liegt darin, die Dinge zu nehmen, wie sie sind, nicht so, wie man sie sich wünscht.“


„Das machen doch nur Nerds!“
Sie lässt also ihren zweiten Nachnamen zu seinem Recht kommen und hat sich für ihre rationale Seite entschieden. „Ich bin nicht eine so kreative Person, ich habe mehr den Kopf meines Vaters“ - der nach seiner Modelkarriere Microsoft-Manager wurde. „Ich mache all die Dinge gerne, über die Leute sagen: Das machen doch nur die Nerds!“ Und abgesehen davon, dass sie zum Studieren hauptsächlich im Zug von London nach Paris zu ihrem Hauptarbeitgeber oder im Flugzeug von London nach New York zu ihrem Freund kommt, stimmt das wohl wirklich - wenn man auch die tägliche Lektüre der „New York Times“ hinzurechnet. Denn nach Schule und Bachelor-Studium der Internationalen Beziehungen in New York studiert sie nun an der London School of Economics auf einen Master in „Biomedicine“. Wenn sie also in der letzten Saison in der von Anton Corbijn fotografierten Kampagne der niederländischen Jeansmarke G-Star auftrat, dann hatte sie sich schon vorher darüber informiert, wie die Herstellung von Jeans die Umwelt schädigt. Sie ist sich auch bewusst, was die Schönheitsindustrie anrichtet. „Andererseits: Schon wenn man morgens aufsteht und sich einen Kaffee macht, schädigt man die Umwelt.“

Wissenschaft statt Mode
Das wird sie noch genauer erforschen müssen. Gelegenheit dazu wird es geben. Sie will zwar nicht, wie viele ihrer Studienfreunde, auch noch promovieren. Aber forschen will sie weiter, als Wissenschaftsjournalistin oder Mitarbeiterin in einem Think Tank. Da verkraftet sie es auch, wenn sie als G-Star-Model, wie am Dienstag auf der New Yorker Modewoche herauskam, gegen Liv Tyler ausgetauscht wurde. In Winterklamotten in Miami fotografiert zu werden war ihr interessante Erfahrung genug. Und die acht Kampagnen des vergangenen Jahres (unter anderem Lancôme, Bon Marché, Hogan, Intimissimi) sind für eine Studentin ja auch nicht so schlecht. Auf „style.com“ wird sie ohnehin unter „celebrities“ gelistet, nicht unter „models“. Einer wissenschaftlichen Karriere steht also nichts mehr im Weg.

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